, Völkl Yvonne

Europa gesucht, Europa gefunden!

Das Europa-Forum 2022 machte Mut zum Mitdenken, Mitreden und Mithandeln!

 

Zwischen 15. und 17. Juli 2022 lud die EFB Steiermark – gemeinsam mit der JEF Steiermark, der EFB Oberösterreich, der EFB Kärnten, der EFBÖ sowie EYFON – auf die Europaburg in der Marktgemeinde Neumarkt/Stmk. In dem, zu Ehren von Europa-Aktivist Max Wratschgo, umbenannten AudiMax-Saal wurde unter dem Motto Europa, wo bist du? intensiv über Rechtsstaatlichkeit, Europas Rolle in der Welt, den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine, europäische Sicherheitspolitik sowie Klimaschutz debattiert.

 

Die erste Diskussionsrunde am Eröffnungsabend des 15. Juli befasste sich mit dem Thema „Rechtsstaatlichkeit: eine Zerreißprobe für die EU“. Eszter Nagy, Präsidentin der UEF Ungarn, Lukas Mandl, MEP (ÖVP) und Präsident der EFB Österreich sowie Hubert Isak, Europarechtsexperte am Institut für Europarecht der Universität Graz, erörterten diesen Grundwert der Europäischen Union, der gemeinsam mit Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Wahrung der Menschenrechte im Artikel 2 des aktuell gültigen Vertrags von Lissabon festgeschrieben ist. Als Ausdruck staatlichen Handelns sei das Rechtsstaatlichkeitsprinzip ein essentielles Instrument für den Frieden und die Sicherheit innerhalb Europas, das in jüngeren Jahren von einzelnen EU-Mitgliedsstaaten unterlaufen worden sei. Daher wurden in dieser Diskussionsrunde, überwiegend am Beispiel Ungarns und unter Verweis auf den EU-Rechtsstaatlichkeitsbericht, Fragen in Bezug auf die Durchsetzung und Durchsetzbarkeit des Rechtsstaatlichkeitsprinzips sowie der Wirksamkeit von Mechanismen zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit aufgegriffen.
Die gesamte Diskussion zum Nachsehen finden Sie auf unserem EFB-YouTube-Kanal: Link zum Video 

 

Der Samstag, 16. Juli, startete mit der Frage „Europa: ein schlafender Riese? Unsere Rolle in der Welt“ und bat die Politikwissenschaftlerin und Demokratieforscherin Tamara Ehs sowie die ehemalige EU-Parlamentsabgeordnete  Eva Lichtenberger (Die Grünen) auf das Podium. Der Fokus dieser ersten Diskussionsrunde des Tages lag zum einen auf der Leistungsfähigkeit und den Weiterentwicklungsmöglichkeiten der Europäischen Union aus Sicht der EU-Bürger*innen; zum anderen auf den potenziellen Bereichen, in denen die EU eine globale Vorbildwirkung einzunehmen vermag. Zunächst wurden Ergebnisse aus der Konferenz zur Zukunft Europas präsentiert, die im Zuge  europäischer Bürger*innenforen erarbeitet wurden. Das vierte und letzte Forum befasste sich beispielsweise dezidiert mit dem Thema „Die EU in der Welt/Migration“ und entwarf Empfehlungen zu unterschiedlichen Themenkomplexen wie Eigenständigkeit und Stabilität, Grenzen, internationale Partnerschaften, Friedenssicherung und Migration. Eine Vorbildwirkung für die restliche Welt wurde von den Referentinnen wie auch den europäischen Bürger*innen vor allem im Bereich der demokratischen Grundwerte sowie der ethischen und ökologischen Standards gesehen, die nicht nur innerhalb der EU, sondern v.a. auch nach außen hin beachtet und eingefordert werden sollten.

 

Die zweite Diskussionsrunde am Samstagvormittag brachte Wolfgang Mueller, stv. Vorstand des Instituts für Osteuropäische Geschichte an der Universität Wien, und Johannes Seiringer, ehem. Direktor der European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) sowie Landesvorsitzender der EFB Oberösterreich, an einen Tisch. Aus historischer und wirtschaftspolitischer Perspektive wurde das Thema „Russland im Kontext: Wie geht es weiter?“ beleuchtet, wobei der Fokus erwartungsgemäß auf dem, am 24. Februar 2022 ausgebrochenen, russischen Angriffskrieg auf die Ukraine lag. Im Zuge der Diskussion veranschaulichte Mueller unterschiedliche Erklärungsmodelle für diese bewaffnete Auseinandersetzung und erläuterte ebenso das Geschichtsverständnis des russischen Präsidenten, das in Putins Essay vom 12. Juli 2021 nachgelesen werden kann. Seiringer brachte dem Publikum die zentralen Aufgaben der EBRD näher, die im Aufbau von Demokratien und Marktwirtschaft in Mittel- und Osteuropa liegen. Abschließend schilderten die beiden Referenten ihre Einschätzung zur weiteren Entwicklungen in der betroffenen Region und beurteilten gangbare Reaktionen von Seiten der EU und der NATO. Die entscheidende Frage sei aber schlussendlich, wie die Welt aussehen sollte, in der wir in Zukunft leben wollen.
Die gesamte Diskussion kann hier nachgesehen werden: Link zum Video 

 

Nach der Mittagspause, in der auf der Europaburg bei strahlendem Sonnenschein gegrillt wurde, fand sich das Publikum erneut im AudiMax-Saal ein. Zum Thema „Welche Sicherheitsarchitektur für Europa?“ diskutierten Friedhelm Frischenschlager, ehem. Verteidigungsminister, MEP a. D. (LIF) und Vizepräsident der EBÖ, und Dominik Horn, Special Assistant to the chairman of the European Union Military Committee (CEUMC). Die angesprochenen Punkte beschäftigten sich zum einen mit den grundsätzlichen Fragen, ob und wozu die Europäische Union überhaupt eine Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) benötige. Horn erklärte den, im März 2022 eingeführten, Aktionsplan „Strategischer Kompass“, der die Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU bis 2030 stärken solle und sich aus den vier Teilbereichen ‚handeln‘, ‚sichern‘, ‚investieren‘ und ‚mit Partner*innen zusammenarbeiten‘ zusammensetzt. Weitere Fragen, die behandelt wurden, umfassten die Einbringung Österreichs in EU-NATO-Kooperationen, die Neutralitätsdiskussion aus militärischer Perspektive, mögliche Lösungswege aus dem russisch-ukrainischen Konflikt oder die Sicherheitspolitik aus energietechnischer Sicht.
Auch diese Diskussionsrunde ist auf unserem EFB-YouTube-Kanal zu finden: Link zum Video 

 

Am Samstagabend lud die Marktgemeinde Neumarkt die Gäste des Europa-Forums in den Raiffeisensaal des Gemeindeamts. Durch den offiziellen Teil des Abends führte Andreas Weber, Landesvorsitzender der EFB Steiermark, der zunächst auf die Titelwahl des diesjährigen Europa-Forums einging und passend hierzu die Cover-Version von „Wo bist du, Europa?“ der deutschen Liedermacherin Gesa Winger vorstellte und von der steirischen Band Trio allegro anstimmen ließ.

Danach folgten die Grußworte von Bürgermeister Josef Maier (ÖVP), Landtagspräsidentin Manuela Kohm (ÖVP) und EYFON-Präsident Christoph Leitl. Der Leiter der Sektion Europa und Wirtschaft des BMEIA Thomas Oberreiter übermittelte die besten Grüße des Außenministers Alexander Schallenberg. In seinem anschließenden Impulsvortrag erinnerte Oberreiter an die Erfolgsrezepte der EU, zu denen er Einheit und Zusammenhalt, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sowie Mut zur Veränderung zählte. Ferner ging er auf die aktuellen Herausforderungen, insbesondere den Klimaschutz, die soziale Wende und die Digitalisierung ein, die zwar allesamt als große Hürden erscheinen, aber gemeinsam – v.a. auch im Austausch und in der Zusammenarbeit mit der Jugend – bewältigt werden könnten.

Unter der Anwesenheit weiterer Festgäste wie dem Abg.z.NR Max Lercher (SPÖ), dem LAbg. Robert Reif (NEOS) und dem EYFON-Geschäftsführer sowie Mitglied des Bundesrates Christian Buchmann gratulierte Andreas Weber dem Ehrenobmann der EFB Steiermark Franz Majcen nachträglich zu seinem 75. Geburtstag. Ferner bedankte er sich bei Anne Favre, der geschäftsführenden Landesvorsitzenden der EFB Steiermark, für die erfolgreiche Zusammenarbeit bei den Vorbereitungen des Europa-Forums und überreichte ihr einen bunten Blumenstrauß zum Geburtstag. Daran anschließend übergab Markus Seunig, Geschäftsführer des Steirischen Landesjugendbeirats und Landesvorsitzender der JEF Steiermark, gemeinsam mit LT-Präs. Manuela Khom den Meilenstein des Landes Steiermark an Fabian Fischer für sein ehrenamtliches Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit.

Am Ende des offiziellen Teils der Veranstaltung stand die Europahymne, interpretiert von der Band Trio allegro, die auch in diesem Jahr wieder für die musikalische Untermalung des restlichen Abends sorgte.

 

Der Sonntag, 17. Juli, stand im Zeichen des Klimawandels als größte Herausforderung des 21. Jahrhunderts und brachte Politiker*innen und Umweltakteur*innen unterschiedlicher Couleur zur Ausgangsfrage “Nur leere Versprechen oder auf dem richtigen Weg? Europas Umgang mit der Klimakrise” auf die Europaburg. Abwechselnd und in zwei Gruppen aufgeteilt, diskutierte eine Gruppe im AudiMax-Saal mit Wolfgang Moitzi, Abgeordneter zum Steirischen Landtag (SPÖ), sowie Eva Lichtenberger, MEP a.D. (Die Grünen), über den European Green Deal und ‚grüne‘ Atomenergie, während sich die jeweils andere Gruppe im Burginnenhof mit Vertreter*innen der Klimawanderer*innen, Extinction Rebellion und der Letzten Generation austauschte. Mit den Politiker*innen lag der Schwerpunkt der Diskussion auf der (Wieder-)Belebung der Kreislaufwirtschaft, dem klimaschonenden Umbau der Industrie, der Notwendigkeit von Klimazöllen und dem Engagement der europäischen Zivilbevölkerung im Wettstreit um den ersten klimaneutralen Kontinent. Die Aktivist*innen stellten die Hintergründe und Ziele der jeweiligen Graswurzelbewegung vor und informierten über ihren eigenen Werdegang sowie  die Motivation für den moderaten bzw. radikal(er)en Kampf für eine lebenswerte Umwelt besonders in Hinblick auf die nächsten Generationen. Dieser Workshop wurde im Rahmen des Europäischen Jahres der Jugend 2022 organisiert und somit von der Europäischen Union kofinanziert.

 

Insgesamt können wir auf ein erfolg- und diskussionsreiches Wochenende auf der Europaburg zurückblicken, das zum Mitdenken und Mitreden anspornte und vor allem wieder Mut zum Mithandeln für die Zukunft Europas machte! Die Frage ‘Wo ist Europa?’, stellt sich also zwar immer wieder zurecht, mit Sicherheit lässt sich aber behaupten, dass sich Europa jedes Jahr wieder beim Europa-Forum in Neumarkt von seiner besten und aktivsten Seite zeigt.

 

Wir danken allen Mitorganisator*innen, Fördergeber*innen und Teilnehmer*innen auf das Herzlichste und freuen uns schon auf das Europa-Forum 2023!

                      –  Ihre EFB Steiermark